Die Sorgen, Nöte und Gedanken unserer Pflegestellen vor einer Adoption

Als Pflegestelle ist man nicht nur für ein Dach über dem Kopf und ein Körbchen zuständig, sondern man hat einen wichtigen Auftrag: Es geht darum, den Pflegehund von seinen Ängsten, Unsicherheiten oder Traumata zu befreien, sein Vertrauen zu gewinnen, ihn optimal auf das Leben in seiner künftigen Familie vorzubereiten.

 

Bis auf wenige Ausnahmen haben unsere Hunde eines gemeinsam, ob sie von HOPE oder aus einem Canile kommen: Sie waren noch nie in einem Haus, kennen weder Treppen steigen noch rutschige Bodenfliesen. Von Rasenmähern, fauchenden Kaffeemaschinen oder einer lautstarken TV-Sendung haben sie ebenfalls noch nie gehört. Das bedeutet, ihre einst kleine (in den Canili sogar permanent vergitterte) Welt ist über Nacht riesengroß geworden. Alles, wirklich alles, ist neu!

 

Unsere erfahrenen Pflegestellen wissen jedoch mit den verschiedenen Sorgen und Nöten ihrer Schützlinge umzugehen. Behutsam führen sie jeden Hund an unser hiesiges Leben und seine vielfältigen Umweltreize heran. Sie gehen mit jedem Einzelnen durch alle Höhen und Tiefen, die es zu bewältigen gibt. Dadurch wächst man zusammen und lernt sich sehr, sehr gut kennen – besonders, wenn ein Pflegehund länger dort verweilt. Er gehört dazu, ist ein Teil der Familie und wird auch so wahrgenommen. Genau das erwarten wir auch von den PS, um unsere Schützlinge optimal aufzustellen.

 

Wenn dann eine Adoptionsanfrage kommt, startet das Kopfkino bei unseren Pflegefamilien. Das ist nur allzu verständlich und auch berechtigt. Schließlich geht es um das Wohl des Hundes, den man mit durchwachten Nächten, Freudentränen, Kummerfalten, viel Energie, Arbeit, Fürsorge und Liebe dahin gebracht hat, wo er nun ist: Bereit für sein neues Leben.

Werden die Adoptanten so sorgfältig auf alles aufpassen wie wir? Ist der Zaun dort auch wirklich hoch genug, damit der Hund nicht drüber springt? Was ist mit den Regentonnen am Zaun, wird man sie, wie angeraten, woanders hinstellen? Wird man die Futtertipps für den mäkeligen Fresser beherzigen? Ob sie wohl tatsächlich auf dem Sofa schlafen, wenn der Neuankömmling sich nachts allein fürchtet? Hoffentlich benutzen sie wirklich keine gefährliche Roll-Leine, damit die Finger sauber bleiben. Sind sie vernünftig genug, erst den Rückruf zu trainieren, bevor der Hund in den Freilauf darf?
Das sind nur einige der Fragen, die unseren Pflegestellen durch den Kopf schießen.

 

Dabei geht es ihnen keinesfalls darum, dass sie besser sind oder den neuen Hundeeltern nichts zutrauen. NEIN! Diese Sorgen wachsen allein aus dem Bedürfnis, das „Pflegekind“, das einem so sehr ans Herz gewachsen ist, unbedingt weiter beschützen zu wollen. Viele Dinge, die bei den Pflegestellen gewachsen sind (Vertrauen) oder antrainiert wurden (allein bleiben, Rückruf…), müssen ja erst neu etabliert werden, weil es eben ab jetzt neue Menschen sind. Unsere Pflegehunde bekommen sehr vieles mit auf den Weg, müssen nicht bei null anfangen. Aber es gibt auch Dinge, die erneuert werden müssen, wie zum Beispiel Bindungsarbeit und Vertrauensaufbau.

 

Unsere Pflegehunde tun einerseits den finalen Schritt vorwärts in die eigene Familie, andererseits erfahren sie zeitgleich den Verlust ihrer Pflegefamilie. Das ist aus ihrer Sicht ein Schritt rückwärts oder auch der Sprung ins kalte Wasser, wenn man eher unsicher oder ängstlich ist.

 

Wir verstehen deshalb das Gedankenkarussell, dass bei einer anstehenden Adoption in Gang gesetzt wird, sehr gut. Wenn ein Pflegehund auszieht, wird so manche heiße Träne geweint und das Herz ist schwer. So ist das eben, wenn man einen Weggefährten lieb gewonnen hat und mit Leib und Seele im Tierschutz tätig ist. Deshalb freuen wir uns immer sehr, wenn unsere Adoptanten zum Wohle des neuen Familienmitglieds und für ein harmonisches Miteinander die persönlichen Erfahrungen beherzigen, die unsere Mitarbeiter zu jedem ihrer Pflegehunde sorgsam zusammengetragen haben.